Vorgeschichte

Auf dem Septimerpass wurde in der Nähe von Bivio vom archäologischen Dienst des Kantons Graubünden ein römisches Marschlager entdeckt. Die Funde auf dem kleinen Plateau datieren in die Zeit der Alpenfeldzüge des Drusus und des Tiberius. Damals beauftragte Augustus die beiden Brüder die Bergtäler der heutigen Schweiz in einer Zangenbewegung zu überqueren. Eine Route führte über den Septimerpass.

Diese Gegend war damals von Bergstämmen bevölkert. Das im Vergleich zu heute mildere Klima ermöglichte auch in hohen Lagen eine üppigere Vegetation.

10413355_868446056520482_8291725842600386583_nAuf diesem Hochplateau schlugen damals 700 – 1000 römische Soldaten ihr Lager auf . Ihre Aufgabe bestand darin, den Standort zu befestigen und den Passübergang zu halten.

Die archäologischen Funde (keltische Kriegsaxt, Schleuderbleie) zeugen von heftigen Kampfhandlungen , aber auch von der Lebensweise der Legionäre. Die Forscher konnten die einstigen Standorte der Zelte ziemlich genau ausfindig machen. So weiss man, dass sich die Legionäre häuslich einzurichten wussten. Davon erzählen gemauerte Nischen, wo einst kleine Öfen installiert waren.

Das Projekt

970760_607318165966607_1235626580_nSo fassten wir die Idee mit unserer Ausrüstung auf den Septimerpass zu marschieren und für ein Wochenende das ehemalige römische Lager wieder zum Leben zu erwecken. Da wir schon mehrere, anstrengende Märsche hinter uns gebracht hatten, war es weniger das Gewicht der Ausrüstung die uns Sorgen machte, als die 2400 Höhenmeter, die zu überwinden waren.

 

 

999497_607318672633223_496573747_nBereits bei der ersten Kontaktaufnahme mit der Kantonsarchäologie Graubünden stellte sich heraus, dass diese Unternehmung nicht begrüsst, sondern auch mit einer Fernsehdokumentation gekoppelt werden sollte.

Zu unserer Ausrüstung kamen auch noch zwei Maultiere dazu, die unsere Schanzausrüstung tragen sollten. Das Beziehen des Basislagers in der Nähe von Bivio und die Zusammenarbeit mit dem Fernsehen, den Archäologen und der Gemeinde Bivio verlief reibungslos. Nur das Wetter machte uns wieder einmal einen Strich durch die Rechnung: Eine Woche vor dem geplanten Wochenende schneite es heftig in den Bergen und trug bis zwei Meter Neuschnee heran. Es war unmöglich auf den Pass zu kommen. Glücklicherweise setzte sich die Sonne durch und das gesamte Gebiet war innert einer Woche wieder schneefrei.992878_607705312594559_1214302015_n

An diesem schönen Samstagmorgen machten wir uns dann endlich mit der gesamten Ausrüstung, den Maultieren und dem Fernsehteam zum Basislager auf, von wo aus wir die ca. sechs Leistungskilometer bis zum Plateau in Angriff nahmen. Stunden vorher hatten wir ein paar Zelte bereits auf das Plateau geschafft, um sie dort nach dem Marsch aufzubauen. Auch vor 2000 Jahren hätte ein Voraustrupp das Lager bezogen und diese Arbeit durchgeführt.

Schon nach wenigen Kilometern wurde die Luft merklich dünner. Die 50 kg schwere Marschausrüstung wurde zur Tortur. Der Gipfel schien nahe, aber jeder Meter musste hart erkämpft werden. Wie hatten die Legionäre von damals das geschafft? Sich durch die unwirtliche Landschaft kämpfend, umgeben von feindlichen Stämme, immer in Sorge um Gepäcktross und zivilem Gefolge? Unsere Kolonne zog sich immer weiter auseinander – je nach Konstitution jedes Einzelnen von uns. Die Maultiere hingegen trabten sicher und ohne Ermüdung dem Ziel entgegen.

Auf dem Pass angekommen, wartete noch eine letzte Steigung von ca. 100 Metern auf uns, denn das eigentliche Lager befand sich über dem Passübergang.septimer2a

Auch wir schafften es irgendwann auf den Gipfel und machten in Gegenwart der Kameras gute Minen zum bösen Spiel, ohne uns unsere Ermattung anmerken lassen. Irgendwann trafen alle Legionäre mehr tot als lebendig auf dem Gipfel ein. Der Stress und die Anstrengung der letzten Stunden wichen dem überwältigenden Gefühl, endlich da zu sein und an diesem Experiment teilgenommen zu haben.

1044290_607705269261230_820009769_nDen Samstagabend und den Sonntagvormittag verbrachten wir damit das Lager aufzubauen, zu exerzieren und einfach den Dienst in der römischen Armee nachzuvollziehen. Wir standen und lagerten tatsächlich am selben Ort wo vor mehr als 2000 Jahren auch römische Legionäre ihren Dienst verrichteten. Und in der Nacht, als wir in unseren Zelten waren oder Wache hielten, bekamen wir Gänsehaut beim Gedanken, dass die Geister der römischen Legionäre immer noch an diesem Ort verweilen könnten…

Centurio Livius