Das Ganze begann damit, dass ich schon immer gern gemalt habe, vor allem auf ungewöhnliche Materialien, etwa Wände, Stoffe oder – seit wir 2013 unseren Augustuskopf gekauft hatten – Marmormehlköpfe! Allerdings träumte ich davon erst mal nur. Aus diversen Gründen habe ich mich lange nicht ans Bemalen getraut. Viele Leute, die bei uns zu Besuch waren, meinten, im Weiss des 19. Jahrhunderts sei der Kopf doch viel schöner, viel neutraler, viel dekorativer, klassischer. Ich wiederum fürchtete mich, einen Augustus, dem ich doch eine rechte Verehrung entgegen bringe, zu „verhunzen“. Das fühlte sich fast wie ein Sakrileg an!
Dies änderte sich, als ein zweiter Kopf dazu kam, ein Hadrian. Auch vor ihm hatte ich grössten Respekt, allerdings nicht ganz so viel wie vor dem Erhabenen. Mut hat mir auch der Katalog einer Ausstellung der Antikensammlung des Staatlichen Museums Berlin gemacht, in der die Bemalung eines Caligula-Kopfes in mehreren Schritten sehr genau beschrieben wird. Dann kam Achim Schröder (Rana) zu Besuch, auch er redete mir gut zu – und gemeinsam machten wir uns ans Werk bzw. den Hadrian.
Der Hadrian wurde zum „Übungsstück“ – ich wollte Erfahrung sammeln, bevor ich mich an die Bemalung des Augustus machte. Dabei ging es nicht nur darum, Hadrians Kopf hübsch anzumalen. Das schien gar nicht so schwer, denn Vieles war ja vorgegeben: die Haare, die Iris, sogar die Pupillen. Mit dem Schminken kenne ich mich als Frau auch ein wenig aus, hatte also keine Furcht vor Augenkonturen, Wangenfarbe, etc. Ich fand es jedoch auch wichtig, Dinge, die ich aus der Literatur über diesen Kaiser wusste, zu berücksichtigen. So war bekannt, dass Hadrian viel herumreiste, folglich musste sein Kopf von der vielen Sonne eine gesunde Gesichtsfarbe bekommen. Bei der Arbeit lernte ich aber auch Einiges über ihn. So sehen seine Haare zwar auf den ersten Blick sehr natürlich aus, aber dem war nicht so: ein Strähnchen lag da säuberlich, fast pedantisch neben den anderen, und eines sah aus wie das andere – sein Frisör muss wirklich gut zu tun gehabt haben. Er war ein eleganter, gepflegter Mann, zweifellos eitel, ein richtiger Herr!
Nachdem ich also festgestellt hatte, dass es durchaus möglich ist, einem kaiserlichen Gipskopf ein Gesicht zu geben, machte ich mich an den Fall Augustus. Der Erhabene bekam helle Haut, da er als „blass“ beschrieben wird. Iris und Pupille waren diesmal nicht vorgegeben. Bekannt war mir, dass er „helle“ Augen hatte. Was hiess das nun schon wieder – grau, blau, grün, hellbraun? Ich entschied mich für Letzteres, aus zwei Gründen. Zum Einen stammte Gaius Octavius aus Mittelitalien, wo braune Augen die Norm sind. Wären sie etwa blau gewesen, hätte der Chronist diese ungewöhnliche Farbe wohl erwähnt, wie ja auch andere seltene Merkmale bei Menschen immer wieder explizit genannt werden, etwa rote Haare bei Sulla, Lucius Ahenobarbus oder Salvidienus Rufus. Dazu kommt, dass im Sudan ein Augustuskopf gefunden wurde, dessen Iris aus Goldblech besteht. Auch dies sprach also für ein helles Braun, wobei dies als Bernsteinton tatsächlich ein seltene Farbe ist.
Interessant war auch das Haar. Es war erheblich einfacher zu malen als das des Hadrian, so etwas wie eine ganz normale Frisur wie man sie auch heute tragen könnte. Noch gibt man sich natürlich! Komplizierte Frisuren waren nicht „in“, wie auch sämtliche Frauenportraits nahelegen.
Interessant: Beide Köpfe haben zwei Denkerfalten zwischen den Brauen. Beide Kaiser müssen also grössten Wert darauf gelegt haben, ihre Klugheit zu betonen, so sehr, dass sogar die Rohlinge diese Falten aufweisen.
Verwendet habe ich ganz einfache, wasserlösliche Dispersions- und Kaseinfarben, darüber eine hauchdünne Schicht Mattlack zum Schutz.
Das war´s dann schon.
Das verwendete Buch ist der „Katalog der Ausstellung Bunte Götter – die Farbigkeit antiker Skulptur“, ISBN 978-3-7774-2781-2.
Claudia Magerl, September 2015